Mit der Richtlinie (EU) 2021/555 hat die Europäische Union neue Maßstäbe für den privaten Waffenbesitz gesetzt – insbesondere im Hinblick auf Magazine mit hoher Kapazität. Doch was genau verlangt Brüssel, und warum ist Deutschland mit seiner Umsetzung besonders restriktiv vorgegangen? Wir klären, welche Regelungen wirklich gelten und warum insbesondere Sportschützen, Sammler und Händler derzeit vor enormen Herausforderungen stehen.
Was regelt die EU?
Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass Magazine mit mehr als 20 Patronen für Kurzwaffen bzw. mehr als 10 Patronen für Langwaffen reguliert werden müssen. Sie überlässt den Mitgliedsstaaten dabei jedoch bewusst Spielraum: Ein pauschales Besitzverbot bei gleichzeitiger Verfügbarkeit kompatibler Waffen ist nicht zwingend vorgeschrieben. Diese Offenheit in der Auslegung führte zu sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen.
Deutschland geht einen Sonderweg
In Deutschland wurde dieser Spielraum durch besonders strikte Maßnahmen gefüllt. Der Gesetzgeber stuft Magazine, die sowohl in Kurz- als auch in Langwaffen eingesetzt werden können, automatisch nach der strengeren Kategorie ein. Das bedeutet konkret: Ein 15-Schuss-Magazin für eine Pistole wie die Glock 17 bleibt nur dann legal, wenn der Besitzer keine PCC (Pistol Caliber Carbine) besitzt, in die das Magazin ebenfalls passt.
Diese sogenannte Dual-Use-Regelung führt dazu, dass sich der Besitzstatus eines Magazins abhängig vom individuellen Waffenbestand verändern kann – mit potenziell strafrechtlichen Konsequenzen.
Sportschützen: Unter Druck im internationalen Wettbewerb
Internationale Sportdisziplinen erlauben in vielen Ländern den Einsatz von Magazinen mit höherer Kapazität. Deutsche Schützen hingegen müssen entweder auf Ausnahmegenehmigungen zurückgreifen oder mit Nachteilen im Training und Wettbewerb leben. Die rechtliche Unsicherheit schreckt viele ab – oder bringt sie unbeabsichtigt in Konflikt mit dem Waffengesetz.
Sammler: Wenn Geschichte plötzlich illegal wird
Für Waffensammler bringt die Gesetzeslage zusätzliche Komplexität. Ein Magazin, das ursprünglich rechtmäßig zur Sammlung gehörte, kann durch den Erwerb einer neuen – kompatiblen – Waffe plötzlich verboten sein. Die Besitzbewertung ist somit keine feste Größe, sondern eine juristisch schwer kalkulierbare Variable.
Händler: Zwischen Verwaltungsaufwand und Verkaufsrisiko
Auch für den Fachhandel ist die aktuelle Auslegung problematisch. Ein ursprünglich legales Pistolenmagazin kann allein durch die mögliche Kompatibilität zur Langwaffe zur verbotenen Ware werden. Händler sehen sich mit steigender Bürokratie und dem Risiko konfrontiert, unbeabsichtigt gegen das Gesetz zu verstoßen – zumal jede Ausnahme einzeln durch das Bundeskriminalamt genehmigt werden muss.
Kritik vom Fachverband: VDB fordert praxisnahe Reform
Der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) setzt sich für eine differenziertere und praxisgerechtere Handhabung ein. Er plädiert dafür, Magazine nach ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung zu bewerten – nicht nach ihrer rein technischen Kompatibilität. Der aktuelle Umgang sei weder praktikabel noch sicherheitsrelevant begründbar, sondern kriminalisiere legale Nutzer unnötig.
Sicherheitsfrage: Symbolpolitik ohne Wirkung?
Ob die restriktive Behandlung von Magazinen tatsächlich zu einer höheren öffentlichen Sicherheit führt, bleibt fraglich. Experten und sogar Behörden weisen darauf hin, dass von Magazinen ohne Waffe keine unmittelbare Bedrohung ausgeht – und dass kriminelle Akteure ohnehin andere Beschaffungswege nutzen. Die derzeitige Regelung trifft somit vor allem gesetzestreue Bürger – nicht Täter.
Ein Blick über die Grenzen: Differenzierter in Österreich und der Schweiz
Andere europäische Länder setzen auf praktikablere Lösungen: In Österreich bleibt ein Pistolenmagazin auch dann ein Pistolenmagazin, wenn es technisch in eine Langwaffe passt – die Nutzung wird jedoch separat reguliert. In der Schweiz gelten ebenfalls Kapazitätsgrenzen, doch der reine Besitz ist nicht strafbar. Entscheidend ist hier der Einsatzzweck und der Besitz wird nicht pauschal kriminalisiert.
Fazit
Deutschland hat sich bei der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie für eine besonders scharfe Linie entschieden. Die pauschale Einstufung von Dual-Use-Magazinen sowie das dynamische Besitzverbot führen zu erheblichen Rechtsunsicherheiten. Andere Länder zeigen, dass auch eine sachliche, risikobasierte Umsetzung möglich ist – ohne das Sicherheitsniveau zu gefährden.
Eine Reform, die auf tatsächliche Verwendung statt bloßer Kompatibilität setzt, wäre ein Schritt in Richtung mehr Rechtssicherheit, Fairness und Verhältnismäßigkeit im deutschen Waffenrecht.
Rechtlicher Hinweis: Die Inhalte dieses Artikels dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Trotz sorgfältiger Recherche übernimmt Gunfinder keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Angaben. Für individuelle rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an eine fachkundige Rechtsberatung oder die zuständigen Behörden. Änderungen in Gesetzgebung und Auslegung können jederzeit erfolgen.
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